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Stellungnahme der Dorfgemeinschaft Billwärder an der Bille zur
Evokation des Bebauungsplanes Oberbillwerder (16.10.24):
Mit der Evokation des Bebauungsplanes Oberbillwerder übergeht der Senat ein weiteres Mal den demokratisch geäußerten Willen der Bergedorfer Bevölkerung. Bereits im Mai 2020 ist mit dem erfolgreichen Bürgerbegehren „Vier- und Marschlande erhalten!“ eine deutliche demokratische Willensbekundung gegen
Oberbillwerder durch den Senat missachtet worden. Die Bezirksverwaltung sollte sich entsprechend des Ergebnisses des Bürgerbegehrens beim Senat dafür einsetzen, Oberbillwerder nicht umsetzen zu müssen. Diese Forderung wurde vom Senat abgelehnt.
Mit der Evokation wird nun das demokratische Wahlergebnis zur Bezirksversammlung Bergedorf übergangen, ein Wahlergebnis, dass ganz wesentlich durch die starke Ablehnung des Projektes Oberbillwerder in der Bergedorfer Bevölkerung zustande gekommen ist. Der Senat versucht ganz offensichtlich das Projekt Oberbillwerder mit der Brechstange gegen die
Mehrheiten in Bergedorf umzusetzen. Für die Nachbarschaft und den sozialen Frieden in und um den neuen Stadtteil lässt das nichts Gutes erwarten. Die Missachtung demokratischer Mehrheiten durch den Senat reiht sich nahtlos in die missglückte Bürgerbeteiligung ein. Gerade in den ersten Phasen der
Bürgerbeteiligung war die deutliche Mehrheit der Anwesenden in den Oberbillwerder-Veranstaltungen gegen den neuen Stadtteil. Immer wieder wurde kritischen Bürgern das Mikrofon abgestellt oder kritische Fragen nicht beantwortet. Die starke Beteiligung der Kritiker wurde anschließend von IBA und Senat in Zustimmung für Oberbillwerder umgedeutet.
Die Dorfgemeinschaft Billwärder an der Bille begleitet als anerkannter Umweltverband die Planungen zum neuen Stadtteil kritisch. Der Bezirk Bergedorf hat bei den bisherigen Planungen versucht, den gesetzlich vorgeschriebenen Ausgleich nur unvollständig umzusetzen. Dazu wurden offensichtliche Gefälligkeitsgutachten beauftragt, die das Vorkommen
verschiedener Rote Liste Arten im Plangebiet negierten. Die vorhandenen Biotopkartierungen der Umweltbehörde kommen zu gegenteiligen Ergebnissen. Wir sind gespannt, ob die nun federführende Stadtentwicklungsbehörde diesen
Weg weiter gehen wird. Aus Sicht der Dorfgemeinschaft ist der derzeitige Stand der Planungen in Bezug auf die Umwelt- und Ausgleichsplanung mehr als fehlerhaft und würde damit erhebliche Rechtsunsicherheit für diesen Bebauungsplan bringen.
Riesige Wassermassen fluteten am 7. August die Straßen und weitere Flächen Hamburgs, insbesondere der Osten war betroffen. Über 900 wetterbedingte Einsätze verzeichnete die Feuerwehr Hamburg. Die Beamten sprachen vom Ausnahmezustand.
Das Wasser, das auch die Acker- und Grünlandflächen von Oberbillwerder in eine Seenlandschaft verwandelte, würde die Leistungsfähigkeit der Entwässerungssysteme von Neuallermöhe, Nettelnburg und
Bergedorf-West vollends überfordern. Also, falls der Stadtteil überhaupt gebaut wird. Die Wiesen von Oberbillwerder wirken wie ein riesiger Schwamm, der das Wasser aufnimmt. Würde es, wie
geplant, an die Allermöhe Fleete bzw. den nördlichen Bahngraben abgegeben werden, staut sich das Wasser zurück bis nach Nettelnburg. Die Schäden an Gebäuden, Straßen, Autos und Wegen in
Neuallermöhe, Bergedorf-West und Nettelnburg wären um ein Vielfaches größer als die massiven Schäden, die wir man nach diesem Starkregen registrierte.
Die Extremwetter-Verhältnisse nehmen deutlich zu. Die Klimaanpassungsstrategie für Bergedorf muss lauten: Keine weitere Versiegelung, erst recht nicht durch Oberbillwerder! 120 ha zusätzliche
Versiegelung bei Erhöhung durch Sand um 1,50 Meter. Für die Entwässerung
dürfte das bedeuten, dass die tiefer liegenden Regionen absaufen würden.
Nach wie vor scheint das Bezirksamt Bergedorf ratlos, wie und wo der Ausgleich für neun Feldlerchenpaare realisiert werden soll. Das Oberverwaltungsgericht hatte die geplante Maßnahme
gekippt. Danach müssen die - neuerdings - 34 Feldlerchenpaare ortsnah untergebracht werden.
Im Stadtentwicklungsausschuss der Bezirksversammlung wurde berichtet, dass für 25 Paare Flächen bereit stehen. Für neun Paare werde noch eine 27 ha große Fläche gesucht. Womöglich doch auf der
Fläche neben den Pappeln (s.u. Bericht aus Februar), vorausgesetzt es gibt ein neues und tragfähiges Ausgleichs-konzept für die Fledermäuse. Nicht ausgeschlossen, dass es ein erneutes
Genehmigungsverfahren geben muss.
Der Optimismus des planenden Bezirksamtes, dass der Zeitplan dennoch eingehalten werden kann, ist nicht nachzuvollziehen. Erst wenn alle Ausgleichsmaßnahmen genehmigt sind und nachgewiesenermaßen funktionieren, kann mit bauvorbereitenden Maßnahmen begonnen werden. Ob eine Baustraße noch in diesem Jahr angelegt werden kann ist sehr fraglich.
Die Dorfgemeinschaft Billwärder an der Bille e.V. als Umweltverband wird den weiteren Planungsprozess mit ihren Expertinnen und Experten an dieser Stelle sehr genau beobachten und kritisch hinterfragen.
Link zum Artikel der Bergedorfer Zeitung 20.4.24 (€)
Immer mal wieder kommt dieser Satz, wenn über die Flächen in Oberbillwerder gesprochen wird: "Das ist doch nur ein Acker!" Zunächst einmal ist es in der heutigen Zeit nicht unwichtig einen Acker zu haben, der für unsere Ernährung sorgt. In einer Kulturlandschaft ist das Vorkommen eines "Acker" oder von Weideland nicht unüblich. Acker ist die Bezeichnung für landwirtschaftlich genutzten Boden. Die Oberbillwerder-Fläche besteht ca. zu aus 2/3 Acker und 1/3 Grünland. Darin zahlreiche Marschgräben und Senken auf Marschboden z.T. mit Torf, d.h. Moormarsch. Der Marschboden insgesamt ist Schwamm und Wasserspeicher.
Neben der Nutzung für die Landwirtschaft enthält die Fläche in der Kulturlandschaft Billwerder auch zahlreiche und geschützte Tierarten. Im Vorübergehen sieht man davon nicht viel. Die Flächen sind auch sehr groß. Dafür muss man sich etwas Zeit nehmen und genauer hinschauen. Unser Vogelexperte (professioneller Biologe) hat in nur einer Stunde im Juni 2023, in dem Gebiet von Oberbillwerder folgende Beobachtungen gemacht:
"Ich bin heute nochmal der Treckerspur gefolgt und habe auf ca. 60 ha folgendes festgestellt u.a. auch mit zahlreichen Klangaufnahmen. 6. Juni 2323, 5 - 6 Uhr, z.T. nebelig, sehr hohe Gesangsaktivität.
Ebenso befindet sich auf der Fläche eine Menge von Insekten: Schmetterlinge, Libellen, Heuschrecken u.a.. Die Vögel stehen in der Nahrungskette und kommen hier nicht ohne Grund so häufig vor. Das ist ein eindrucksvoller Hinweis zur Artenvielfalt, den ein Nicht-Naturexperte nicht vermuten würde. Und was schätzen die Tiere zusätzlich an dieser Fläche? Die Weite. Sie gewährt ihnen Ruhe und Sicherheit. Der Bau von Oberbillwerder würde diesen Zustand zerstören. Er wirkt gegen die Artenvielfalt, in einer Zeit in diese immer mehr an Bedeutung zunimmt. Da helfen auch kein Grüner Loop oder Animal-Aided-Design.
Sieht so die Zukunft der Billwerder Kulturlandschaft aus?
Auf denkbar schlechtem Marsch-Untergrund werden viele Tiere und Pflanzen vertrieben und zerstört. Ein gigantischer CO2-Turbo läuft dann an, um mindestens 1,2 Millionen Tonnen Sand für die
Aufschüttung des Geländes anzufahren. Wir gehen von deutlich höheren Mengen aus, als bislang angesprochen. Die Klimakatastrophe wird bei dem Wohnungsbauprojekt Oberbillwerder komplett
ausgeblendet. Mindestens 118 ha Grünland würden verschwinden. Die Planungsgesellschaft IBA verschweigt dieses Thema in ihrer Öffentlichkeitsarbeit komplett. Der von den Planern
vielgepriesene "Grüne Loop" ist nichts weiter als ein Feigenblatt unter das man die wahre Zerstörung der Natur versteckt. Greenwashing im Namen der Stadt Hamburg!
Der Fotograf Christian Faesecke hat
diese indische Impression übermittelt. Titel: Mehrere LKWs stehen zwischen aufgeschütteten Sandbergen im Flussbett des Flusses Subarnarekha nahe der Stadt Jaleswar im ostindischen Bundesstaat
Orisha.
Faesecke berichtet in einem Blog über die schmutzigen Geschäfte mit dem Sand.
Ein Bild sagt mehr als tausend Worte. Mit dieser Übersicht zu fünf geplanten Flächen wird deutlich, wie gewaltig diese für den Stadtteil (das Dorf!) Billwerder sein werden. Eine Vertretung der Dorfgemeinschaft erhielt am 11. Juli 2020 Redezeit im Bergedorfer Stadtentwicklungsausschuss. Unsere Standpunkte zum Bürgerbegehren wurden sehr ausführlich vorgetragen. Der Ausschuss fand coronabedingt unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt.