Jetzt teilen:
Nach dem Masterplan nimmt das Bebauungsplanverfahren für Oberbillwerder seinen weiteren Verlauf. Es soll nun die Internetveröffentlichung des Bebauungsplanentwurfs "Bebauungsplanverfahren
Billwerder 30 / Bergedorf 120 / Neuallermöhe 2 / Lohbrügge 95 (Oberbillwerder)" erfolgen.
Hierzu gibt es eine Beschlussvorlage für die Sitzung der Bezirksversammlung
Bergedorf am 30.11.23. Ursprünglich war ein Auslegungszeitraum ab 14.12.23 geplant gewesen. Nun soll dieser erstaunlicherweise (optimiert) um eine Woche vorverlegt werden: 08.12.23 -
08.02.24.
Die Veröffentlichung ist über 500 Seiten dick. Sie bietet Bürgern die Möglichkeit Einsprüche gegen das Bauprojekt einzulegen. Der Zeitraum, inklusive Weihnachtszeit und Jahreswechsel, ist dafür
knapp bemessen.
Die betroffenen Flächen und Flurstücke sind aus der
Karte zum Aufstellungsbeschluss des Bebauungsplan ersichtlich.
Im Stadtentwicklungsausschuss der Bezirksversammlung Bergedorf wurde es Ende September publik: Im Zuge einer vorgezogenen Ausgleichsmaßnahme (Verlagerung der Brutplätze der Feldlerche) werden in Billwerder zeitnah 59 Hybridpappeln gefällt und 46 auf 5 Meter gekürzt. Es handelt sich dabei um die zickzackförmige Baumpflanzung hinter dem Reiterhof Graumann. Jeder, der den Mittleren Landweg am Billwerder Billdeich nutzt, sieht diese die Landschaft bestimmende Baumreihe.
Begründung: Feldlerchen brauchen zur Brut ein weitgehend flaches und unbewachsenes Gelände. Das haben sie dort, wo sie jetzt brüten. Allerdings liegt dieses im Bereich des Plangebiets für Oberbillwerder und der westlichen Erschließung. Durch die Ausgleichmaßnahme soll das Brutgebiet nach Westen verlagert werden. Die von der Motorsäge bedrohten Pappeln stehen dort jedoch zu nahe am geplanten Brutgebiet, denn Feldlerchen als Bodenbrüter verschmähen Baumbestand im Brutgebiet.
Warum die Fällung zu diesem Zeitpunkt?
Eine Ausgleichsmaßnahme muss funktionieren, wenn der Eingriff beginnt. Das bedeutet, dass zur kommenden Brutsaison alles vorbereitet sein muss, damit der Bau von Oberbillwerder zur Brutsaison beginnen kann. Soweit das Kalkül der Planung.
Alles spricht unserer Meinung nach dagegen.
Hier wird ein Eingriff in die Natur mit einem noch viel teureren Eingriff bezahlt. Feldlerchen sind zwar besonders geschützt. Die Hybridpappeln aber bieten Schutz und Wohnraum für bis zu acht Fledermausarten. Fledermäuse orientieren sich auf ihrem Beuteflug an Knicks, Bäumen und idealerweise an Baumreihen. Viele Fledermausarten, darunter alle in Billwerder vorkommenden, sind streng geschützt. Die Hypridpappel-Reihe weist gemäß eines Gutachtens von 2017 die größte Aktivität von Fledermäusen auf. Eine solche Maßnahme würde sie in Billwerder verschwinden lassen.
Der Baumverlust wird nur teilweise ausgeglichen. Unser Standpunkt ist, so interpretieren wir die Baumschutzverordnung, dass die fünfzig Jahre alten und hohen Bäume mit größerem Stammdurchmesser nicht nur eins zu eins durch Jungbäume ausgeglichen werden müssen, sondern im Rahmen ihres tatsächlichen Wertes durch mehrere Jungbäume und das auch noch ortsnah. Geplant ist lediglich, das anfallende Holz und den Schnitt in einem neu angelegten Knick als Ausgleichs-maßnahme zu verbauen.
Eine dringend vorgeschriebene biologische Begleitung und Begutachtung der Arbeiten wird es nicht geben.
Das Landschaftsbild Billwerders, das durch die Baumreihe so markant geprägt wird, wird für immer verändert.
Die Dorfgemeinschaft Billwärder meint: ein Skandal.
Ein Skandal, weil dadurch bereits Tatsachen geschaffen werden, indem streng geschützte Fledermäuse vertrieben und Bäume gefällt werden.
Wir sind entsetzt, dass ohne einen gültigen Bebauungsplan diese Fällung nun bereits vorab vollzogen werden soll und werden diese nicht hinnehmen.
Die Dorfgemeinschaft Billwärder wird sich mit all ihren Möglichkeiten aktiv für den Erhalt der Pappeln einsetzen.
[Hybridpappeln sind schnell wachsende Bäume, die bis zu 30-40 Meter hoch und im Idealfall bis zu 300 Jahre alt werden.]
Eine zeitnahe Umsetzung der Unterführungen von einem Stadtteil Oberbillwerder nach Neuallermöhe ist ad acta gelegt.
Damit rücken die IBA und alle anderen mit der Planung von Oberbillwerder befassten Institutionen von einem weiteren Prinzip nach dem „autofreien Stadtteil“ ab. Eine „Connected City“ wird es an dieser Stelle zumindest in absehbarer Zeit nicht geben. Dabei wirbt die IBA gerade über ihren Instagramm-Account „Oberbillwerder“ mit „vielfältigen Verbindungen“ zu den benachbarten Stadtteilen. Peinlich, wenn am selben Tag im Bergedorfer Stadtentwicklungsausschuss gerade das Gegenteil präsentiert wird.
Der höchst komplexe Bau der Gleis-Überführungsbauwerke und der Einbau der Tunnelelemente mit erforderlichen Strecken-sperrungen kann frühestens nach der selbst auferlegten fünfjährigen Baupause der Deutschen Bahn ab 2025 und damit erst ab 2031 beginnen und wird mindestens zwei Jahre dauern.
Inwieweit ein Bau in den 2030er Jahren mit Streckensperrungen des S-Bahn-, Regional- und Fernverkehrs auf der Bergedorflinie und zeitgleichem Bau des Verbindungsbahn-Entlastungstunnels (VET) sowie der erforderlichen und laut der Initiative Prellbock Altona „technisch sehr anspruchsvollen Umgestaltung“ des Knotens Hauptbahnhof überhaupt realistisch ist, scheint zweifelhaft. Dann würden die Verbindungen sogar erst nach Fertigstellung des Großprojekts VET Mitte der 40er Jahre geschaffen.
Klimaschädlich, unökologisch - und nun auch ungesund! Folgt man einem Lärmgutachten, wird sich Oberbillwerder so präsentieren. Lärm ist bekanntlich ein wesentliches Gesundheitsrisiko,
insbesondere Straßenlärm. Durch die enorme Zunahme des Straßenverkehrs durch den „Vorzeigestadtteil“ auf 21.000 zusätzliche Autofahrten täglich steigen die Lärmbelastungen vor allem für die
Anlieger aller Erschließungsstraßen sehr deutlich, von Verdopplung des Straßenverkehrs in Neuallermöhe und Bergedorf-West bis zu
450% (!) im Raum Bojewiese, Ladenbeker Furtweg!
Wo ohne Oberbillwerder 2.100 Autos fahren würden, sollen es mit dem Zukunftsstadtteil 11.900 täglich sein.
Drei schalltechnische Untersuchungen wurden am 24.8. den Politikern im Stadtentwicklungsausschuss der Bergedorfer Bezirksversammlung vorgestellt. Man geht von einer Zunahme des Straßenlärms in
allen Quartieren des Untersuchungsgebietes aus, Such- und Schleichverkehre wurden dabei noch nicht mit untersucht.
Folgen sind enorme Kosten für Schallschutzmaßnahmen an Hunderten von Wohn- und öffentlichen Gebäuden (Kitas, Schulen…) durch Einbau von zwingend vorgeschriebenen Schallschutzmaßnahmen, insbesondere Fenster, allein im Bereich der Erschließungsstraßen.
Folgen sind aber vor allem auch die sinkende Aufenthalts- und Lebensqualität gerade in bisher ruhigen Wohngebieten, durch die enorme Lärmbelastung. Aufenthalt im öffentlichen Raum oder
nächtliches Lüften der Wohnung in den erwarteten zunehmend heißen Sommern werden durch den konstanten Lärmpegel kaum mehr möglich.
Durch E-Autos würde der Lärm nicht geringer: „Die E-Fahrzeuge sind nur in extrem langsamer Fahrt wirklich leise“, erklärte Experte Oliver Riek . „Ab 30 km/h übersteigt bei allen Fahrzeugen das
Rollgeräusch des Reifenprofils den Lärm des Motors. Und weil die Akkus jedes Elektrofahrzeug deutlich schwerer machen, als das vergleichbare Modell mit Verbrenner-Motor, braucht die E-Variante
sogar breitere und damit lautere Reifen.“ Das Lärmproblem des Straßenverkehrs werde künftig also sogar gravierender werden. (Bergedorfer Zeitung 26.8.23)
Mehr Information zu der erwarteten Verkehrsbelastung:
Immer mal wieder kommt dieser Satz, wenn über die Flächen in Oberbillwerder gesprochen wird: "Das ist doch nur ein Acker!" Zunächst einmal ist es in der heutigen Zeit nicht unwichtig einen Acker zu haben, der für unsere Ernährung sorgt. In einer Kulturlandschaft ist das Vorkommen eines "Acker" oder von Weideland nicht unüblich. Acker ist die Bezeichnung für landwirtschaftlich genutzten Boden.
Neben der Nutzung für die Landwirtschaft enthält die Fläche in der Kulturlandschaft Billwerder auch zahlreiche und geschützte Tierarten. Im Vorübergehen sieht man davon nicht viel. Die Flächen sind auch sehr groß. Dafür muss man sich etwas Zeit nehmen und genauer hinschauen. Unser Vogelexperte (professioneller Biologe) hat in nur einer Stunde im Juni 2023, in dem Gebiet von Oberbillwerder folgende Beobachtungen gemacht:
"Ich bin heute nochmal der Treckerspur gefolgt und habe auf ca. 60 ha folgendes festgestellt u.a. auch mit zahlreichen Klangaufnahmen. 6. Juni 2323, 5 - 6 Uhr, z.T. nebelig, sehr hohe Gesangsaktivität.
Ebenso befindet sich auf der Fläche eine Menge von Insekten: Schmetterlinge, Libellen, Heuschrecken u.a.. Die Vögel stehen in der Nahrungskette und kommen hier nicht ohne Grund so häufig vor. Das ist ein eindrucksvoller Hinweis zur Artenvielfalt, den ein Nicht-Naturexperte nicht vermuten würde. Und was schätzen die Tiere zusätzlich an dieser Fläche? Die Weite. Sie gewährt ihnen Ruhe und Sicherheit. Der Bau von Oberbillwerder würde diesen Zustand zerstören. Er wirkt gegen die Artenvielfalt, in einer Zeit in diese immer mehr an Bedeutung zunimmt. Da helfen auch kein Grüner Loop oder Animal-Aided-Design.
"Nein zu Oberbillwerder" ist Teil der Volksinitiative Rettet Hamburgs Grün. Das Ziel der Volksinitiative ist der Schutz aller großflächigen Grün- und Landwirtschaftsflächen über einem Hektar
vor Bebauung und Versiegelung, damit die Natur geschützt und die Klimakatastrophe gemildert werden. Wir fordern den Hamburger Senat und die Bürgerschaft auf, dies zu stoppen.
Detaillierte Informationen https://rettet-hamburgs-gruen.de/
Ein nächster Schritt heißt "Sammel dich grün!"
Sieht so die Zukunft der Billwerder Kulturlandschaft aus?
Auf denkbar schlechtem Marsch-Untergrund werden viele Tiere und Pflanzen vertrieben und zerstört. Ein gigantischer CO2-Turbo läuft dann an, um mindestens 1,2 Millionen Tonnen Sand für die
Aufschüttung des Geländes anzufahren. Wir gehen von deutlich höheren Mengen aus, als bislang angesprochen. Die Klimakatastrophe wird bei dem Wohnungsbauprojekt Oberbillwerder komplett
ausgeblendet. Mindestens 118 ha Grünland würden verschwinden. Die Planungsgesellschaft IBA verschweigt dieses Thema in ihrer Öffentlichkeitsarbeit komplett. Der von den Planern
vielgepriesene "Grüne Loop" ist nichts weiter als ein Feigenblatt unter das man die wahre Zerstörung der Natur versteckt. Greenwashing im Namen der Stadt Hamburg!
Der Fotograf Christian Faesecke hat
diese indische Impression übermittelt. Titel: Mehrere LKWs stehen zwischen aufgeschütteten Sandbergen im Flussbett des Flusses Subarnarekha nahe der Stadt Jaleswar im ostindischen Bundesstaat
Orisha.
Faesecke berichtet in einem Blog über die schmutzigen Geschäfte mit dem Sand.
Ein Bild sagt mehr als tausend Worte. Mit dieser Übersicht zu fünf geplanten Flächen wird deutlich, wie gewaltig diese für den Stadtteil (das Dorf!) Billwerder sein werden. Eine Vertretung der Dorfgemeinschaft erhielt am 11. Juli 2020 Redezeit im Bergedorfer Stadtentwicklungsausschuss. Unsere Standpunkte zum Bürgerbegehren wurden sehr ausführlich vorgetragen. Der Ausschuss fand coronabedingt unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt.